Des Herrgott´s Kegelspiel – MVC Herbstausfahrt in den Hegau vom 20.-23.09.2024

Es gibt da einen Landstrich, den kennen wir alle nur vom Durchrauschen auf der Autobahn in Richtung Süden. Voller Hektik heizen die allermeisten auf der A81 mit Bleifuß in den Urlaub, um ja keine Zeit zu verlieren. Aber wenn man nicht rechts schaut, und nicht links, ja nicht einmal abbiegt, dann verpasst man die Schönheiten der Nebenwege. Es ist ein Leid der ach so modernen Gegenwart, man hat ja für nichts mehr Zeit. Alles muss schnell passieren, Nebenwege und Eindrücke interessieren nicht – keine Zeit…. Die Menschen haben das Schöne am Warten, Schauen und Genießen verlernt.

Erst auf den zweiten Blick erschließt sich die ruhige Schönheit der Region, die der MVC auf der diesjährigen Herbstausfahrt unter die Räder nahm. Und dadurch, dass der Landstrich nur vom Durchrasen bekannt ist, ist alles auch herrlich untouristisch. Die neun erloschenen Vulkane, die man links und rechts der Autobahn bestaunen kann, prägen die Region bis heute und sind uns allen seit Kindheitstagen ein Begriff. Die Einheimischen nennen ihre Vulkane liebevoll „Des Herrgott´s Kegelspiel“.

Aha, der Hegau also, der kleine Landstrich zwischen Alb, Schwarzwald und Bodensee. Irgendwo im Nirgendwo, durchschnitten von der A81, die den Eiligen von Stuttgart über den Gotthard an die Strände nach Italien trägt. Ein gelobtes Land also? Mit Autobahnzubringer? Naja, soweit wollen wir mal nicht gehen. Aber für uns Motorrädler vom MVC war der Hegau vom 20. – 23. September ein tolles und spannendes Revier für die diesjährige Herbstausfahrt.

Tag 1 – Anfahrt über den mittleren Schwarzwald ins Hotel nach Steißlingen

Glücklicherweise liegt der Schwarzwald auf dem Weg von Stammheim in den Hegau, sodass bereits die Anfahrt von Tourguide Marco sehr kurvenreich gestaltet werden konnte. Sieben Teilnehmer sind dem Aufruf gefolgt und bei bestem Spätsommerwetter trafen sich alle pünktlich zur Abfahrt. Karl´s Ardie hat sich einige Tage vor der Abfahrt mit einem gebrochenen(!) Kolben verabschiedet und er musste auf eine moderne Maschine umsteigen. Die Kameraden nahmen es sportlich: Die Wahrscheinlichkeit, dass wir liegenbleiben, hat sich dadurch erheblich reduziert…. 😉

Marco hatte eine interessante Route über Simmersfeld, Baiersbronn, Freudentstadt, Wolfach, Fohrenbühl, St Georgen, Bräunlingen, Engen, Aach und weiter nach Steißlingen ausgetüftelt. Doch schon kurz nach der Abfahrt konnte Karl ein schadenfrohes Grinsen nicht verbergen: Nicht er, sondern Kamerad Wolfgang blieb mit seiner sonst zuverlässigen BMW R25/3 bei Simmersfeld liegen. Der Motor bot keine Leistung mehr und zog die berühmte Wurst nicht mehr vom Teller. Ein offensichtlicher Fehler war nicht zu erkennen. Was nun? Aufladen? Weiterfahren? Wegschmeißen? Nach kurzer Besprechung fuhr Wolfgang mit halber Kraft nach Hause und tauschte die BMW gegen eine Moto Guzzi V50. Die anderen fuhren bis Baiersbronn und warteten bei Kaffee und Bratwurst auf den Pechvogel. Als alle wieder beisammen waren konnte die Tour fortgesetzt werden und ohne weitere Zwischenfälle erreichten wir am späten Nachmittag den Hegau, wo wir am Bikertreff „Hegaublick“ eine Pause einlegten und atemberaubende Blicke auf die Vulkane, den Bodensee und die schneebedeckten Alpen genießen konnten. Von dort war´s nur noch ein Katzensprung ins Hotel Schinderhannes in Steißlingen, wo uns eine erstaunlich reichhaltige Speisekarte erwartete. Dank des tollen Wetters konnten wir lange draußen sitzen und wir zogen erst spät am Abend an den Stammtisch um.

Tag 2 – Nördliches Hegau, Alb und Donautal

Das Wetter blieb weiterhin spätsommerlich warm und die Tour ins nördliche Hegau war ein reiner Genuß. Zunächst fuhren wir bei Ludwigshafen an das Ufer des Bodensees, um dann kurz danach den Höhengasthof „Haldenhof“ über Sipplingen anzusteuern. Die Aussicht auf den oberen Bodensee war traumhaft. Nach kurzem Stopp führte die Route auf kleinsten Sträßchen und an unzähligen Ortschäftchen vorbei weiter Richtung Norden. Nach rasanter Abfahrt erreichten wir bei Hausen i.T. das Donautal wo wir kurze Zeit später am Bikertreff Knopfmacherfels eine ausgiebige Mittagsrast einlegten. Bei Fridingen haben wir das Donautal wieder verlassen und fuhren dann südwärts durch Ortschaften, von denen wir nie zuvor etwas gehört hatten. Nächstes Zwischenziel war Engen, wo wir uns beim Stadtbummel durch die schmucke Altstadt ein Eis gönnten.

Tag 3 – Südliches Hegau, Schweiz und Sauschwänzlebahn

Die nächste Tour führte wiederum an den nahen Bodensee, dieses Mal aber Richtung Radolfzell und Stein am Rhein in der Schweiz. Bei Gaienhofen bog man plötzlich rechts ab und die Gruppe schnaufte den Schiener Berg hinauf. Dank der vielen Kurven kam fast schon Alpenpassfeeling auf. An der Burg Hohenklingen hoch über Stein am Rhein spielte uns das Navi einen Streich: es wollte uns über einen Wanderweg zurück nach Stein am Rhein schicken. Da wir keine Wanderer sind und lieber fahren statt laufen, entschieden wir uns auf dem selben Weg wieder hinunterzufahren. Die Weiterfahrt in der Schweiz führte uns über die einspurige Holzbrücke in Gailingen über den Rhein und dann in Richtung Schaffhausen. Das nun folgende Wegstück war nicht schön aber notwendig, um Schaffhausen zu umfahren. Bei der Überfahrt über den Randenpass östlich von Schaffhausen mussten wir über 6km ohne Asphalt auskommen. Den hatten sich die Schweizer wohl gespart. Martin und seine geländegängige Monark hatten ihre helle Freude und die beiden fuhren mit Highspeed über die eidgenössische Schotterpiste. Harald mit seiner Dicken (CB750 Four) war schon deutlich vorsichtiger, nicht zuletzt wegen der Staubwolke, die Martin hinter sich her zog. Bei Fützen erreichten wir wieder heimisches Terrain und in Blumberg kamen wir gerade rechtzeitig zur Abfahrt der berühmten Sauschwänzlebahn. In Engen besuchten wir das Fahrzeugmuseum und im nahen Aach bestaunten wir bei der obligatorischen Kaffeepause die größte Quelle Deutschlands.

Tag 4 – Heimfahrt

Nun hieß es Abschied nehmen von Franz, unserem liebgewonnenen Wirt vom Schinderhannes. Das Wetter war trüb, aber trocken. Kein Grund zu meckern also. Bei Donaueschingen zogen wir an den Rand des Schwarzwalds und über typische Schwarzwaldtraßen führte die Route über St. Georgen und weiter nach Schramberg. In Hinterlehengericht spielte Marco seine Ortskenntnisse aus und er lotste die Gruppe das Aichhalder Loch hinauf, eine Nebenstrecke die nur die Eingeborenen kennen…. Nicht ganz zufällig führte die Strecke nach Schenkenzell, wo wir bei Marco´s Eltern einkehrten und wo sein Vater Giulio die Motorrädler mit einer großen Portion Spaghetti Bolognese empfing. Mamma Gretel steuerte einen tollen Apfelkuchen zum Kaffee bei. Nachdem wir uns gestärkt hatten, ging auf die Schlussetappe nach Stammheim, wo uns unterwegs leider doch noch der Regen einholte.

Schön war´s im verträumten Hegau, sehr schön…. Wir genossen die kurvigen Sträßchen, die hügelige Bilderbuchlandschaft, die Ausblicke auf den Bodensee, die Alpen und die Vulkane. Wenn wir das nächste mal auf der A81 in den Süden rasen, dann werden wir gern an die schönen Tage im Hegau zurückdenken.

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